Presseschau - Cellesche Zeitung vom 22.08.2003
Jenseits von Marlboro Country: Mit Vollbremsung zum Sieg

Er avancierte mit drei Titeln zum Star der Deutschen Meisterschaften der Westernreiter, und das nächste Großereignis hat Henning Daude schon fest im Visier: Kommende Woche will der 34-Jährige aus Großmoor auch auf der Europameisterschaft in Italien mit seinem Ausnahmepferd „Pines Advocate" eine spektakuläre Darbietung abliefern.

Eins vorweg: Wer glaubt, dass Henning Daude den ganzen Tag lang Country-Musik hört, lässig mit den Sporen klappert und abends am prasselnden Lagerfeuer genüsslich an seiner Marlboro zieht, der irrt gewaltig. Und nicht nur, weil der Pferdewirt aus Großmoor eine andere Zigaretten-Marke bevorzugt. „Natürlich gehören einige Cowboy-Attribute einfach zum Westernreiten dazu. Aber mein Lebensinhalt ist die Arbeit mit Pferden, nicht irgendeine Wildwest-Romantik."

Ziemlich allergisch reagiert der Pferdefachmann auch auf die so genannte „Pferdeflüsterer"-Manie, die kürzlich mitsamt Büchern, Kinofilmen und Shows nach Deutschland schwappte. „Die Erkenntnis, dass Pferde einen Kopf zum mitdenken haben, ist doch nicht neu. Gute Leute haben sich auch schon vor Monty Roberts um die Psyche der Tiere gekümmert."

Bei Turnieren kommt der 34-Jährige aber nicht um das klischeebeladene Auftreten herum: Cowboyhut, Westernstiefel und ein langärmliges Hemd sind Pflicht beim Westernreiten. „So ein Show-Outfit kostet locker bis zu 1000 Euro", schätzt Daude. Ohne Hut. Für den kann gut und gerne nochmal der gleiche Betrag hingeblättert werden. Ein ausgebildetes „Reining"-Pferd kostet zwischen 15000 und 20000 Euro.

Mit seiner Art zu Reiten hat Henning Daude, der seit 15 Jahren hauptberuflich mit Pferden arbeitet und seit Februar den Kastanienhof in Großmoor gepachtet hat, großen Erfolg. Bei den German Open, die am vorletzten Sonntag in Mannheim zu Ende gingen, holte Daude gleich drei deutsche Meistertitel und wurde erfolgreichster Reiter. Unter anderem siegte er mit seinem achtjährigen Quarterhorse „Pines Advocate" in der „Königsdisziplin", dem „Reining" (rein = engl. Zügel). Bei dieser „Dressur der Westernreiter" werden dem Pferd rasante Manöver wie „Spins" (schnelle 360-Grad-Drehungen), „Roll-Backs" (180-Grad-Drehungen auf der Hinterhand) oder die spektakulären „Sliding Stops" (gleitende Vollbremsung auf der Hinterhand aus vollem Galopp) abverlangt.

Speziell diese perfekt vollführten Vollbremsungen brachten Daude schließlich den Sieg. Auch weil er locker an die Sache heranging: „Manche haben ihre Pferde bei der Hitze eine Stunde lang eingeritten, wir haben uns zehn Minuten warm gemacht. Ich vertraue meinen Pferden, das hat sich ausgezahlt."

Stimmt: Denn mit Nachwuchspferd „Dirty Beau Zippo" siegte Daude auch beim „Junior Pleasure", bei der das Aussehen und die Darbietung des Pferdes bewertet werden, und in der „Senior Pleasure" der älteren Pferde überzeugte der Berufsreiter die Jury auf „Okie Sanolena" ebenfalls und holte sein drittes Gold. Beeindruckend: Den Titel in der „Senior Pleasure" sicherte sich Daude zum dritten Mal in Serie.
Doch auf seinem Erfolg ausruhen will sich Daude nicht. Schon nächste Woche geht es nach Italien zur Europameisterschaft. Bei der ersten vom Internationalen Reiter-Dachverband FEI anerkannte Western-EM „Reining" in Reggio Emilia (bei Mailand) ist er einer von sechs ausgewählten Reitern, die die deutschen Farben vertreten werden. Antreten wird er wieder mit Ausnahmepferd „Pines Advocate". Noch steht das Quarterhorse auf dem Kastanienhof und vergnügt sich mit seinen Artgenossen auf der Weide. Aber spätestens wenn Daude sich wieder als Cowboy „verkleidet" und das „Reining" beginnt, ist der Rappe hellwach, ist sich Daude sicher. „Daheim wirkt er bisweilen ein wenig lustlos, aber wenn es ernst wird, gibt er immer alles."
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